Los Angeles Galaxy: Beckham ist größer als Tiger Woods und Michael Jordan - WELT (2024)

Veröffentlichtam13.07.2007 | Lesedauer: 4 Minuten

Die kursierende Zahl ist gewaltig, beinahe unvorstellbar. Immer wieder wird sie deswegen genannt, ganz so, als würde sie greifbarer, wenn sich die Menschen nur erst ein wenig an sie gewöhnt haben. Eine Viertelmilliarde Dollar soll der Fünfjahresvertrag des englischen Fußballstars David Beckham mit Los Angeles Galaxy wert sein, was etwa einem Viertel des Bruttosozialprodukts Burundis entspricht.

Auch wegen dieser enormen Zahl blickt die Fußballwelt auf die Major League Soccer (MLS), wo der 32-Jährige heute als neuer Hoffnungsträger vorgestellt wird und erstmals auf seinen neuen Trainer Frank Yallop trifft. Tatsächlich kassiert der von Real Madrid in die USA wechselnde Beckham weitaus weniger als jene 250 Millionen Dollar. Doch dies ist Hollywood – und da können Geldbeträge gar nicht hoch genug sein.

Lediglich 5,5 Millionen Dollar pro Jahr zahlen Galaxy und die MLS kombiniert an Beckham. Für dessen Verpflichtung wurde erst die „Beckham-Regel“ geschaffen, denn die Gehaltsobergrenze pro Team und Jahr hatte zuvor bei zwei Millionen Dollar gelegen. Nun dürfen zwei Spieler pro Team mehr verdienen. Der bis zur Viertelmilliarde fehlende Rest von wenig bescheidenen 222,5 Millionen Dollar sollen aus Werbe-, Sponsoren- und Fernsehverträgen in die Kassen der Familie Beckham fließen – auch die erhofften Einkünfte von Victoria „Posh Spice“ Beckham (33) sind da mit eingerechnet.

Doku-Soap mit Victoria

Weil die Ehefrau sich ihre einstündige Doku-Soap „Victoria Beckham – Coming to America“, die am Montag gesendet wird, vom Fernsehkanal NBC mit 19,5 Millionen Dollar vergüten lässt, ist sie nach fixen Gagen erst mal die Besserverdienende im Hause Beckham. Aber die fünf Jahre sind ja noch nicht um.

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Eingefädelt hat den nach eigener Aussage „innovativen Vertrag“ Simon Fuller, Initiator und Manager der just wiedervereinigten Spice Girls, die nun auch dank des US-Deals der Beckhams in den USA für Furore sorgen sollen. Die Welttournee der gealterten Mädchenband wird in Los Angeles beginnen – ein sorgfältig geplanter Coup.

Doch nicht nur die Spice Girls profitieren vom Umzug der Beckhams, auch die Liga spürt bereits positive Auswirkungen. Bereits Monate vor dem ersten Auftritt für seine neue Mannschaft in einem Freundschaftsspiel gegen Michael Ballacks Klub FC Chelsea am 21. Juli hat der Wechsel von David Robert Joseph Beckham die Geschäfte angekurbelt. Zwar schreibt Galaxy seit 2003 schwarze Zahlen, und Konkurrent FC Dallas hat in diesem Jahr das Soll hinter sich gelassen, doch die 13 Teams umfassende Liga als Ganzes wird wohl erst 2010 aus dem Minus kommen und setzt dabei auf Beckhams Hilfe als Zugpferd in Sachen Vermarktung und Fanbindung.

Noch ein weiter Weg

So zahlt Galaxy-Hauptsponsor Herbalife 20 Millionen Dollar für die Trikotwerbung. 7000 zusätzliche Dauerkarten hat Galaxy für die Heimspiele im Home Depot Center (Kapazität: 27.000) im Stadtteil Carson abgesetzt, ein Freundschaftsspiel gegen die mexikanische Nationalmannschaft am 28. Juli soll für ein ausverkauftes Los Angeles Coliseum sorgen – mit 92.000 Zuschauern. Und die Red Bulls New York haben schon jetzt 26.000 Karten für die Partie gegen die Galaxy am 18. August verkauft.

Dennoch ist es bis in die Herzen der Menschen noch ein weiter Weg. Gerade einmal zwei Prozent aller US-Amerikaner gaben Ende 2006 in der jährlichen Befragung der „Harris Poll“ Fußball als Lieblingssport an – weit abgeschlagen hinter Profifootball (29 Prozent), Baseball (14), Collegefootball (13), Motorsport (9), Profibasketball (7), Collegebasketball (5), Golf (4) und Eishockey (4) teilt „Soccer“ sich mit Tennis und Leichtathletik den neunten Rang. Immerhin verfügt die MLS seit der Saison 2006 über einen gewinnbringenden Fernsehvertrag, die Spiele werden kontinuierlich landesweit ausstrahlt.

Jeder zweite US-Amerikaner kennt bereits den Fußballstar David Beckham – eine Zahl, die Galaxy-Manager Alexi Lalas euphorisch werden lässt: „Die USA hatten noch nie mit einem Sportler vom internationalen Format David Beckhams zu tun. Mit allem Respekt für Tiger Woods und Michael Jordan – Beckham bewegt sich auf einem ganz anderen Level.“

Begeisterung durch Beckham

Das ist im Überschwang vielleicht etwas hoch gegriffen, doch Beckhams Engagement kann durchaus mit dem Wechsel von Eishockeylegende Wayne Gretzky 1988 von Edmonton nach Los Angeles verglichen werden. Das kanadische Sportidol hatte einst einen Eishockeyboom bei den Kindern und Jugendlichen in Südkalifornien ausgelöst, der bis heute anhält. Ähnlich soll auch Beckham Kinder und Jugendliche begeistern und auf Jahre hinaus der MLS ein Fundament bescheren.

Mit Beckham, so das Kalkül, könne dazu auch ein Markt angesprochen werden, der bislang von den großen Sportligen im Football (NFL), Basketball (NBA) und Eishockey (NHL) vernachlässigt wird: die Latinos. Doch Fußball ist vielen Einwanderern aus Lateinamerika eine Herzenssache – und mit einem Star, der zuletzt noch mit Madrid die spanische Meisterschaft feierte, könnte der Brückenschlag gelingen.

„Es gibt keinen Fußballspieler, der auch nur ein ähnliches Charisma hat wie Beckham“, urteilt zumindest Gretzky. Aber der bekennt auch freimütig: „Ich habe von Fußball keine Ahnung.“