Oppenheimer: Wo die erste Atombombe gezündet wurde, zeigt ein Satellit (2024)

Satellitenbild der WocheHier ließ Oppenheimer die Bombe zünden

Mit »Oppenheimer« startet ein Film über den Vater der Atombombe in den Kinos. Ein aktuelles Satellitenbild zeigt den Ort, an dem die Menschheit vor rund 78 Jahren erstmals das nukleare Inferno entfesselte.

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Oppenheimer: Wo die erste Atombombe gezündet wurde, zeigt ein Satellit (1)

Der neue Mann im Weißen Haus hatte ordentlich Druck gemacht. Am 17. Juli 1945 sollten sich der frisch gekürte amerikanische Präsident Harry S. Truman, der noch amtierende britische Premier Winston Churchill und der sowjetische Staatschef Josef Stalin im Potsdamer Schloss Cecilienhof zu ihrer letzten gemeinsamen Konferenz treffen. Schon seit einiger Zeit waren die Spannungen unter den Alliierten unübersehbar, Churchill hatte gar vor der Gefahr eines Eisernen Vorhangs inmitten von Europa gewarnt. Also drängte Truman vor Konferenzbeginn intern auf ein unübersehbares Zeichen amerikanischer Stärke.

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Was hätte Washingtons Macht besser symbolisieren können als ein Test der mit Abstand stärksten je von Menschen gebauten Waffe? Obwohl man die Zündung offiziell geheim hielt, würde die Nachricht über Spione wohl doch zu den Sowjets gelangen. Ein Erfolg sollte die amerikanische Strategie für den Krieg im Pazifik entscheidend prägen.

Und so waren am frühen Morgen des 16. Juli 1945 rund 260 Menschen auf das streng gesicherte Gelände des »White Sands Proving Ground« im US-Bundesstaat New Mexico gekommen, um bei der Zündung der weltweit ersten Kernwaffe dabei zu sein. In einer nationalen Kraftanstrengung hatten die Amerikaner die Atombombe im »Manhattan Project« unter der wissenschaftlichen Leitung von Robert Oppenheimer zuvor entwickelt, motiviert von der – wie sich herausstellte unbegründeten – Angst, die Nazis könnten die Waffe zuerst besitzen und einsetzen.

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Ein Stahlturm für die Atombombe in der Wüste

Oppenheimer war es auch, der dem Test seinen Decknamen verpasst hatte: »Trinity«, also Dreifaltigkeit. Der Testort in der menschenleeren Chihuahua-Wüste hieß daher »Trinity Site«. Bilder der europäischen Satellitenmission »Sentinel 2« aus den vergangenen Tagen zeigen das Areal, auf dem der Test damals stattfand.

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»The gadget«, das Gerät, wie die Techniker die Bombe nannten, war auf einem 30 Meter hohen Stahlturm in dem menschenleeren Sperrgebiet installiert worden. Manche Beobachter hatten sich etwa neun Kilometer weit vom Explosionsort in Sicherheit gebracht, andere in 32 Kilometer Entfernung. Ob auch dieser Abstand noch zu gering sein würde, ob die Bombe womöglich gar die Erdatmosphäre zerstören könnte – niemand konnte das damals mit Sicherheit sagen. Auch einen kompletten Fehlschlag des Tests kalkulierten Oppenheimer und seine Leute ein.

Ausprobiert wurde an diesem Morgen eine Plutonium-Implosionsbombe. Ein mehr oder weniger baugleiches Modell würde das US-Militär später, am 9. August 1945, bei dem Angriff auf die japanische Stadt Nagasaki einsetzen. Die erste, schwächere Bombe, die am 6. August 1945 auf Hiroshima fiel, war von einem anderen Typ. Von dieser Uranbombe waren die US-Militärplaner aber so überzeugt, dass sie auf einen Test verzichteten. Außerdem war angereichertes Uran knapp.

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Nach einer kurzzeitigen Verschiebung aus Wettergründen zündete Oppenheimers Team die Bombe um 5.29 Uhr und 45 Sekunden am Morgen des 16. Juli 1945. Beobachter sahen einen gleißenden Lichtblitz, deutlich heller als die Sonne, und Farbspiele in Gold, Purpur, Violett, Grau und Blau. In den Himmel stieg die erste jener ikonischen Pilzwolken, welche zum Symbol des Atomzeitalters und seiner existenzbedrohenden Gefahren werden würden. Dann kam der infernalische Lärm.

Sand wurde zu grünlichem Glas

Der Turm, auf dem die Bombe stand, war nach dem Test verschwunden, an seiner Stelle klaffte ein drei Meter tiefer und 330 Meter breiter Krater. Der Boden war bedeckt von einer bis dahin unbekannten Substanz, die auf den Namen Trinitit getauft wird: ein künstliches, grünliches Glas, entstanden aus dem Material des sandigen Untergrundes. Und wegen des radioaktiven Niederschlags, »Fallout« genannt, nach dem Test wurden Trinkwasser und Lebensmittel der in der Umgebung lebenden Menschen radioaktiv belastet.

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Die Öffentlichkeit wurde über die Hintergründe der Explosion zunächst belogen, es war von einem detonierten Munitionsdepot die Rede. Erst nach der Zündung der Atombombe von Hiroshima erfuhr die Welt von dem Test.

Der Ort liegt bis heute auf militärischem Sperrgebiet der »White Sands Missile Range«. Die Strahlenwerte sind noch leicht erhöht. Zweimal im Jahr, am ersten Samstag im April und Oktober, dürfen Gäste sich dort dennoch umsehen. Wo einst der Stahlturm stand, erinnert heute ein knapp vier Meter hoher Obelisk an den Tag, an dem die Menschheit das nukleare Inferno entfesselte. Trinitit darf niemand mehr vom Boden aufsammeln, das steht unter Strafe.

Die Sowjets zündeten ihre erste Atombombe übrigens rund vier Jahre nach dem »Trinity«-Test auf dem Atomwaffentestgelände im kasachischen Semipalatinsk. Seitdem hat es mehr als 2000 Atomwaffentests gegeben, den bisher letzten hat Nordkorea im September 2017 durchgeführt.

chs

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Author: Van Hayes

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Name: Van Hayes

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